Ein Dorf sieht schwarz

Blu-ray Review

Ein Dorf sieht schwarz Blu-ray Review Cover
Prokino/EuroVideo, 04.09.2017

OT: Bienvenue à Marly-Gomont

 

 


Schlimmer als Zaire – verdammich!

Wie ein afrikanischer Arzt und seine Familie ein kleines Dorf in Frankreich aufmischen.

Inhalt

Paris 1975: Seyolo Zantoko kommt aus Kinshasa, hat aber in Frankreich studiert und möchte nun einen Job als Arzt antreten. Man bietet ihm eine Anstellung außerhalb der großen Stadt im kleinen Dorf Marly-Gomont an. Die nimmt er natürlich an und holt vorher noch Frau und Kinder aus Afrika. Während die ganze Familie davon ausgeht, dass man in Paris selbst unterkommt, ist die Enttäuschung dann doch entsprechend groß, als man in einem Kaff landet, das nicht mal asphaltierte Straßen hat, dafür aber eine Menge Kühe. Und weil man vor Ort auch noch die einzige schwarze Familie ist, möchte Madame Zantoko am liebsten direkt wieder weg. Die meisten Bewohner haben noch nie dunkle Haut gesehen, geschweige denn sich von einem afrikanischen Arzt behandeln lassen. Und so werden die Kinder in der Schule gehänselt und Seyolos Frau vermisst die Shopping-Gelegenheiten. Doch der Arzt sieht gar nicht ein, den Kopf in den Sand zu stecken und lebt seinen Optimismus voll aus. Nicht ganz ohne Erfolg, denn spätestens als er in der lokalen Kneipe ordentlich einen mit den Dorfbewohnern drauf macht, beginnen diese langsam mit den neuen Arzt warm zu werden. Zumindest solange, bis die komplette Sippschaft aus Belgien anreist und gleichzeitig heiße lokale Rhythmen im Gepäck hat. Doch das ist nicht das einzige Problem von Seyolo, denn er bekommt bald heraus, dass er eigentlich nur als Spielball zwischen den konkurrierenden Bürgermeister-Kandidaten für die nächste Wahl dient …

Der Rapper Kamini Zantoko wurde 2006 in Frankreich mit seinem Song „Marly-Gomont“ bekannt. Im Video zu dem Song zeigt er sich neben Traktoren und Kühen – eben so, wie er aufgewachsen ist, in einem kleinen Dorf als Sohn der einzigen schwarzen Familie vor Ort. Ein Dorf sieht schwarz erzählt die Geschichte Zantokos und reichert sie mit amüsantem Culture-Clash-Humor an, der nie unter die Gürtellinie zielt und für einen französischen Film überraschend unhysterisch daherkommt. Hier zappelt niemand nervös rum oder fuchtelt wild durch die Gegend. Julien Rambaldis Film schlägt die leisen Töne an und ist vor allem deshalb amüsant, weil hier die Weißen die Hinterwäldler sind und die afrikanische Familie die kulturell und intellektuell gebildete. Ein großer Spaß, wenn Seyolos Frau in schicke Klamotten gekleidet mit den Kühen schimpft und alle mit „Verdammich“ begrüßt, weil ihr die Dorfbewohner genau mit dieser Floskel begegnet sind. Die Komik des Films resultiert mehr in einem dauerhaften Grinsen, denn in einem schenkelklopfenden Brüllen. Nicht nur, weil Ein Dorf sieht schwarz ironisch mit Vorurteilen spielt und sie bricht, sondern weil er eine ausgeglichene Waage zwischen witzigen und herzerwärmenden Momenten herstellt. Es macht fast den Anschein, als wollte Frankreich mit seinen Einwanderern langsam ins Reine kommen.

Denn nach sensationellen Erfolgen wie Ziemlich beste Freunde, in denen ein schwarzer Pfleger aus der armen Vorstadt einen reichen Großstädter pflegte, was der Film ohne jedes Vorurteil rüberbrachte, konnte auch Ein Dorf sieht schwarz mit 600.000 Zuschauern in Frankreich für Furore sorgen. Selbst hierzulande wollten 200.000 Besucher den Film in den Kinos sehen, was ein mehr als respektables Ergebnis ist. Aber ebenso verständlich, denn während man über den Humor herzlich lachen kann, berührt er in den melancholischen bis dramatischen Momenten ebenso. Denn bei aller Ironie und allen amüsanten Kulturgräben verschließt der Film auf lockere Weise sich nicht vor den tatsächlichen Problemen einer Integration von Emigranten in eine existierende Gemeinschaft von alteingesessenen ländlichen Dörflern. Sogar ein bisschen internationale Politik wird integriert, wenn ein kleines Geheimnis von Seyolo ans Tageslicht kommt, das durchaus Kritik an den seinerzeit diktatorischen Zuständen in Zaire übt. Gleichzeitig gelingt dem Film der Spagat, auch anzusprechen, dass bei allem Integrationswillen die eigene Herkunft nicht verleugnet werden muss, denn Integration ist nicht gleichbedeutend mit Selbstaufgabe. All das bekommt Ein Dorf sieht schwarz, dessen deutscher Titel arg polternd geraten ist, locker unter einen Hut. Neben der lockeren und versierten Inszenierung ist das vor allem den Darstellern zu verdanken. Von Marc Zinga (James Bond: Spectre), der als Seyolo so unbedingt positiv spielt, dass es eine Freude ist über Aïssa Maïga in der Rolle seiner Frau bis hin zu sämtlichen Schauspielern der Dorfbewohner bekommt man ausnahmslos herausragende Leistungen geboten. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist die deutsche Synchro, die aus dem französischen Dialekt einen zweiten Willkommen bei den Sch’tis fabriziert.

Bild- und Tonqualität

Nein, euer Fernseher/Beamer ist nicht kaputt. Was man allerdings meinen könnte, wenn man die ersten Bilder von Ein Dorf sieht schwarz sieht, die unter einem massiven Rotstich leiden. Im Anschluss reduziert sich dieser Filter, wird aber von einem leicht grünlichen Touch abgelöst (34’30). Ebenfalls nicht schön sind die bisweilen am unteren Bildrand zu erkennenden Randunschärfen. Zudem ist der Kontrastumfang eher gering, was zu einem trüb-nebligen Eindruck führt. Da der Film Mitte der 70er spielt, kann man das aber als Stilmittel durchgehen lassen. WenWirklich gut ist die Bildruhe, die selbst in dunkleren Szenen kein Rauschen offenbart und auch in Schwenks Herr über die Lage bleibt.
Beim Ton von Ein Dorf sieht schwarz bleibt das Geschehen grundweg auf die Front beschränkt. Nur ganz selten öffnet sich der Raum mal kurz nach hinten, wenn es stark regnet oder die Zuschauer beim Fußball applaudieren. Obschon die Räumlichkeit eher schwach ausgeprägt ist, funktionieren die Dialoge prächtig und bleiben stets sehr gut verständlich.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Ein Dorf sieht schwarz finden sich elf zusätzliche und erweiterte Szenen mit einer Spielzeit von 13 Minuten sowie Kamini Zantokos privates Fotoalbum, das Einblicke in die Geschichte gibt, die als Vorlage für den Film diente. Dazu gibt’s die Originaltrailer zum Film.

Fazit

Natürlich nimmt Ein Dorf sieht schwarz die Integrationsthematik ein wenig auf die leichte Schulter und ist am Ende auch ein wenig naiv. Aber wenn das so charmant inszeniert und vorgetragen wird, wie es hier der Fall ist, darf man auch mal die Kirche im Dorf lassen und sich über die durchweg positive Botschaft freuen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 20%
Film: 75%

Anbieter: Prokino/EuroVideo
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Julien Rambaldi
Darsteller: Marc Zinga, Aïssa Maïga, Kamini Zantoko, Médina Diarra, Rufus, Jonathan Lambert, Jean-Benoît Ugeux
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 93
Codec: AVC
FSK: 0

Trailer zu Ein Dorf sieht schwarz

EIN DORF SIEHT SCHWARZ | Offizieller HD Trailer | Deutsch German | Jetzt auf BD, DVD und als VoD

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!