Downton Abbey – Der Film

Blu-ray Review

Universal Pictures, 30.01.2020

OT: Downton Abbey

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Hochverrat

Nach sechs Staffeln reif fürs (Heim)Kino.

Inhalt

Es herrscht Aufregung in Downton Abbey, denn hoher Besuch hat sich angekündigt. Nicht irgendein Besuch, nein: Seine Majestät, King George und Queen Mary möchten auf der Durchreise vorbeischauen – inklusive ihres stattlichen Hofstaates. Was Robert Crawley zu einem „Großer Gott“ veranlasst, noch viel mehr Unruhe aber bei seinen Bediensteten verbreitet: Mögen sie einfache Speisen oder raffinierte? Saucen mit Sahne oder nicht?
Indes ist Violet Crawley, Gräfinwitwe von Grantham, besorgt, dass auch Maud Bagshaw, die Hofdame der Queen anreisen wird. Immerhin ist sie Roberts entfernte Cousine und es gibt da einen offenen Streit über eine Erbschaftsfolge. Zunächst aber muss das Anwesen selbst auf Vordermann gebracht werden. Die Gärten müssen herausgeputzt sein und die Räume vorzeigbar, wenn die Hoheiten eintreffen. Eintreffen wiederum ist ein gutes Stichwort. Denn vor dem König und der Queen kommen der Butler und der Küchenchef der Royals an. Und die sehen gar nicht ein, den Bediensteten-Eingang zu nutzen. Gerade Küchenhilfe Daisy ist überhaupt nicht amused über diese Arroganz und entwickelt revolutionäre politische Ansichten. Zumal die Angestellten von Downton Abbey für nicht gut genug befunden werden und auf das Bedienen der Bediensteten der Royals reduziert werden. Während also in den unteren Etage eine Palastrevolution droht, könnte auf der Upper-Ebene gar noch Schlimmeres passieren. Denn man fürchtet einen Attentäter, der es auf Köning Georges Leben abgesehen hat …

Die Voraussetzungen zum Verfassen eines Reviews über eine der erfolgreichsten und von Kritikern geliebtesten britischen Serie aller Zeiten sind denkbar schlecht. Oder aber denkbar gut. Je nachdem, wie man es nimmt und sehen will. Denn: Diese geschriebenen Worte sind die ersten, die ich jemals zu Downton Abbey verfasse – was gleichbedeutend damit ist, dass ich zuvor aber auch nicht mal eine Minute aus einer der Episoden der zugrunde liegenden sechs Staffeln gesehen habe. Deshalb gleich vorweg eine Entschuldigung an alle Fans der Serie: Sollte ich mit meinen Worten völlig daneben lieben, Dinge komplett durcheinander bringen oder sonstwie naiv mit der Serien-Grundlage, ihren Figuren und Motivationen umgehen, dann bitte ich um Nachsicht. Ansonsten ist es gleich der Härtetest für den Film, ob er auch all jene abholt, die von der Serie maximal gehört, sie aber nicht gesehen haben. Und das gleich vorweg: Er tut es. Naja, zumindest, wenn man erst einmal mit den gefühlt 25 wichtigen Personen bekannt ist, die der Film zu Beginn glücklicherweise recht flüssig vorstellt. Für all jene, denen es ähnlich oder gleich geht wir mir, zunächst eine kleine Zusammenfassung: Downton Abbey fand ihren Anfang im deutschen Fernsehen im Juli 2011. Sky Cinema strahlte die erste (eigentlich aus sieben Folgen bestehende) Staffel in vier (umgeschnittenen) Episoden aus, wodurch das Historiendrama auch hierzulande schnell viele Freunde fand. Kritiker waren eh begeistert, konnte Season 1 doch mit 92 % bei Metacritic den höchsten Score des Jahres erzielen. Die Geschichten basieren auf der Idee und den Drehbüchern von Julian Fellowes, der die Serie zu Beginn des 20. Jahrhunderts ansiedelte und in ihr vom Treiben der britischen Adelsfamilie Grantham sowie deren Personal im eigenen Anwesen „Downton Abbey“ erzählt. Stets als Hintergrund dienen die damaligen historischen Ereignisse. Angefangen vom Untergang der Titanic, der den Granthams den geplanten Schwiegersohn nimmt, über den Beginn des Ersten Weltkriegs bis zum Ausbruch der Spanischen Grippe. Auch die Jahre nach dem Schließen des Friedensvertrags von Versaills sowie die erste britische Labour-Regierung spielen im Hintergrund mit hinein.

Bewusst legte man äußersten Wert auf die historische Genauigkeit und die akkurate Darstellung von Kleidern und Sets. Als Drehort für das Anwesen Downton Abbey wählte man beispielsweise Highclere Castle in der Grafschaft Hampshire – ein wahrlich herrschaftliches Schloss. So ist es auch kein Wunder, dass die sechs Staffeln sich vor allem darum drehten, wie die Familie weiter bestehen würde, wenn keine männlichen Nachfolgen/Erben vorhanden sind. Mit drei Töchtern des Hauses wurde immer wieder nach potenziellen Ehemännern gesucht, die das Anwesen weiter im Familienbesitz betreiben würden. Während die Serie im Jahr 1914 beginnt und einen Zeitraum von knapp elf Jahren umfasst, setzt der Film nun gut anderthalb Jahre später an, im Sommer 1927. Der Besuch der Royals auf Downton Abbey gibt nicht nur eine Menge Anlass für Chaos und Verwirrung, sondern liefert auch ein bisschen zeitgenössische Irland-vs-England-Problematik. Vor allem aber geht es um Stolz. Stolz der Crawleys, ihr Haus zu repräsentieren und noch viel mehr der Stolz der Angestellten des Hauses, die sich durch die Bediensteten des Königs übergangen, gegängelt und gedemütigt fühlen. Es ist ein großer Spaß, den verletzten Eitelkeiten zuzuschauen; den Zickereien zwischen der Köchin Downtons und dem Chef de Cuisine der Royals oder jenen zwischen Violet und Isobel oder Violet und Maud Bagshaw oder zwischen Violet und Robert. Maggie Smith in der Rolle der Gräfinwitwe ist ohnehin schlicht grandios. Schon in der Serie war die Grande Dame des britischen Kinos und Theaters das schauspielerische Highlight. Und wenn sie hier ihrem Sohn Robert vorwirft, dass Sarkasmus die niedrigste Schule von Esprit sei, ist das aristokratischer Humor vom Feinsten.

Hugh Bonneville (Henry Brown aus den Paddington-Filmen), der den Robert spielt, ist indes nach wie vor der große und relaxte Ruhepol der Familie, der Serie und des Films. Auch hier sind seine sarkastischen Seitenhiebe ein großer Spaß und wenn er mit einer Mischung aus Verwunderung und Amüsement über die Aufhübscharbeiten im Anwesen stolpert, sieht man ihm an, dass er sich ein bisschen unbehaglich fühlt und viel lieber selbst anpacken würde. Das darf er dann beim nächtlichen Aufstellen der Parade-Stühle – eine Szene, die von der Menschlichkeit der Familie Crawley zeugt.
Jetzt ist – bei allem tollen Schauspiel und der gelungenen Atmosphäre – nicht alles Gold, was glänzt. So muss man durchaus sagen, dass man den ganzen Kosmos, seinen Witz und die Verbindung der Figuren zueinander sicher noch besser verstehen und genießen kann, wenn man die Serie zuvor gesehen hat. Dann würde man sicher auch eher akzeptieren, dass Downton Abbey als Film eher wie eine Aneinanderreihung von relativ harmlosen Ereignissen wirkt und das Ganze auch noch recht arm an Höhepunkten erscheint. Tatsächlich lässt man sogar einen der echten Höhepunkte zur Mitte des Films erstaunlich unspektakulär verpuffen. Aber sei’s drum. Man hat schon weniger unterhaltsame Filmfortführungen von Serien gesehen und wird auch als Nichtkenner der TV-Show sehr gut unterhalten. Und wenn man, wie ich, nach dem Sehen des Films Lust auf die Serie bekommt, dann hat die Leinwandadaption doch einiges richtig gemacht.

Bild- und Tonqualität

Downton Abbey wurde mit dem noch recht jungen Vollformat-Kamerasystem der Sony Venice realisiert. Die momentan auch bei der Avatar-Fortsetzung eingesetzte Kamera sorgt mit ihrer bis zu 6K hohen Auflösung und dem großen Farbumfang auf dem Vollformatsensor für beeindruckend formatfüllende Aufnahmen. Schon das Intro gefällt mit episch breiten Aufnahmen der britischen Landschaft und weiten Wiesenflächen beim Anflug auf das Anwesen. Leider hat sich bei der Fokussierung ein Problem eingeschlichen: Die Zinnen von Downton Abbey sind unscharf (3’25).
Sobald das Schloss aber in voller Pracht vor der Kamera auftaucht, ist das alles vergessen und die liebevollen Detailaufnahmen sind mustergültig gut aufgelöst und ohne jede Körnung. Ebenso prächtig sind die Schwarzwerte der Anzüge im Inneren des Anwesens. In Sachen Kontrastumfang liegt die BD auf ganz hohem Niveau – egal, ob man in den oberen Etagen unterwegs ist, die eher eine warme Farbgebung haben oder in den unteren Ebenen, die von kühlen Grautönen dominiert werden. Selbst bei schwierigem, seitlich einfallendem Licht ist die Durchzeichnung phänomenal gut. Farben bleiben kräftig, ohne unter einem Grauschleier abzusaufen, der Steinboden offenbart seine Struktur und helle Bereiche überstrahlen nicht (6’37). Selbst Wolken bleiben definiert, während der Vordergrund nicht in Dunkelheit absäuft (27’39). Dazu kommt eine hervorragende Schärfe in Close-ups, die jede einzelne Nuance der Spitze auf den Blusen sowie jedes feine Härchen auf den Wangen der Protagonisten offenbart (9’08). Beim Ton von Downton Abbey gibt’s dts-HD-High-Resolution fürs Deutsche und dts-HD-Master fürs Englische. Beide Sprachen klingen sauber, die englische Spur ist aber hörbar offener und viel räumlicher und freier. Wenn die Schauspieler durch die wenig gedämmten lange Gänge laufen, hat man im Englischen das Gefühl, mittendrin zu sein. Im Deutschen möchte man hingegen eine leichte Decke von den Mikros lupfen. Für sich genommen macht bspw. der lockere Score immer noch Spaß und auch die Naturgeräusche in den Gärten des Anwesens kommen räumlich rüber. Aber der Wechsel auf die Originalspur zeigt schlicht, wie es sich eigentlich anhören sollte. Hier ist die Filmmusik noch luftiger und freier. Die Stimmen haben mehr Volumen und zuschlagende Türen kitzeln sogar mal kurz den Subwoofer. Schade, dass man hier nicht fürs Deutsche das gleiche Master zugrunde gelegt hat, um die Akustik und Dynamik des Originals zu übernehmen.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Downton Abbey beginnt mit dem Audiokommentar von Michael Engler (wahlweise untertitelt) und geht über fünf Featurettes sowie acht unveröffentlichte Szenen bis hin zu zwei Gesprächen mit den Darstellern (beider Klassen-Ebenen). Die Featurettes behandeln beispielsweise das Durcheinander, das man für den königlichen Besuch veranstaltete oder geben noch mal (ganz kurz) Einblick in die 20er-Jahre-Ausstattung. „Willkommen in Downton Abbey“ kümmert sich noch einmal um den Schauplatz, das Highclere Castle. „Die Genialität von Julian Fellowes“ lässt dann den Autor selbst zu Wort kommen und der „Serien-Rückblick“ ist genau das Richtige für Leute wie mich. Innerhalb von zehn Minuten fassen Jim Carter (Butler Carson) und Phyllis Logan (Mrs. Hughes) auf charmante Art und Weise die vergangenen sechs Staffeln und bisherigen Ereignisse rund um Downton Abbey zusammen und bringen uns auf Stand.

Fazit

Downton Abbey hat die Lust geweckt, die versäumte Serie zu diesem Film endlich nachzuholen. Kein Wunder, denn die Leinwandadaption kondensiert die Essenz der Serie auf zwei Stunden und bleibt durchweg unterhaltsam – trotz kaum vorhandener Höhepunkte.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 60%
Film: 75%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: GB 2019
Regie: Michael Engler
Darsteller: Hugh Bonneville, Jim Carter, Michelle Dockery, Elizabeth McGovern, Dame Maggie Smith, Imelda Staunton, Penelope Wilton, Matthew Goode
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts HD-High-Resolution 5.1: de
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 122
Codec: AVC
FSK: 0

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universal Pictures)

Trailer zu Downton Abbey

Downton Abbey - Trailer deutsch/german HD

 

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