Under the Silver Lake

Blu-ray Review

unter the silver lake blu-ray review cover
Weltkino, 12.04.2019

OT: Under the Silver Lake

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Stoffhase voller Sägespäne

Wirklich bizarrer Film mit hohem Absurditätsfaktor.

Inhalt

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Sam beobachtet die Nachbarin mit dem Papagei …  © A24

Fünf Tage hat Sam noch, bis ihm der Vermieter die Wohnung räumt, weil er die Miete nicht gezahlt hat. Kaum verwunderlich. Denn wenn Sam seiner Mutter am Telefon erzählt, dass er arbeitet, sitzt er faul auf dem Balkon und beobachtet die halbnackte (sehr reife) Nachbarin. Angetan hat es ihm außerdem eine junge blonde Dame, die gerne mal am Pool der Wohnanlage liegt. Als er sie spontan kennen lernt, kommen sie sich sogar näher. Doch eine zweite Verabredung für den nächsten Tag findet nicht statt. Denn tags drauf erfährt Sam, dass sie mit ihren Mitbewohnerinnen mitten in der Nacht ausgezogen ist. Weil ihn das wurmt, sucht er in der Wohnung nach Hinweisen. Plötzlich taucht dort eine junge Dame auf, die kurz drauf mit zwei weiteren Mädels verschwindet. Sams Ermittlergeist ist geweckt. Er nimmt die Verfolgung auf und kommt einer Verschwörung auf die Spur, die bis in höchste Popkulturkreise reicht …

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… findet Sarah aber noch viel spannender  © A24

Warum nicht mal einen totalen Wandel vollziehen? David Robert Mitchell war vor vier Jahren mit It Follows bekannt geworden und hatte einem damals fast brach liegenden Horror-Genre neues Leben eingehaucht. Nun, fünf Jahre später entfernt er sich vom Horror und setzt uns mit Under the Silver Lake einen wilden, schwer greifbaren Genre-Mix vor, der sich nicht nur 140 Minuten Zeit nimmt, sondern scheinbar wahllos Szenen aus dem Alltag eines Taugenichts.
Offensichtlich inspiriert von den Kriminalromanen eines Raymond Chandler garniert Mitchell seinen Film mit surrealen Bildern, scheinbar unpassender Filmmusik im Stile des Noir-Krimis und fügt storytechnisch noch eine Prise The Big Lebowski hinzu. Dazu gibt’s eine große Prise Hitchcock und ein bisschen abstrusen Humor.
Das ist ungewöhnlich, teilweise bizarr und vor allem sperrig. Kurz: So gar nichts für Mainstream-Sehgewohnheiten. Man muss die sich äußerst langsam fortbewegende Krimi-Geschichte mit ihren skurrilen Einfällen und Ideen schon umarmen. Man muss akzeptieren, wenn Frauen plötzlich Hundegeräusche von sich geben, weil sie Sam auf der Hunde… ähm… Verzeihung: Damentoilette vorfinden. Man muss mögen, dass zwischendurch coole monochrome Comic-Strips eingefügt werden. Und man sollte einen starken Magen haben, wenn zwischendurch schon mal krasse Gore-Szenen eingestreut werden.

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Sam stellt Nachforschungen über Sarahs Verschwinden an  © A24

Und mittendrin: Andrew Garfield. Der Schauspieler, der mit der zweiten Welle der jüngeren Spider-Man-Adaptionen bekannt wurde, entfernt sich zunehmend von seinen Blockbuster-Hits und interessiert sich für die abseitigen Figuren. Seine Darstellungskraft geht dabei weit über das hinaus, was die meisten seiner gleichaltrigen Kollegen zustande bringen. Auch in Under the Silver Lake unterstreicht er das. Selbst wenn er mit zotteliger Frisur und gepunkteter Schlafanzughose auf seinem Balkon steht. Garfield dominiert den Film und ist praktisch in jeder Szene der 140 Minuten Laufzeit zu sehen. Ob das unter dem Einfluss halluzinogener Drogen ist, beim Sex (oder auch beim Onanieren) oder beim Rumgammeln – all das kann er ziemlich gut. Den prokrastinierenden Müßiggänger nimmt man ihm ab. Allerdings hätte sich der Film dann doch hin und wieder für ein bisschen mehr Tempo und Straffheit entscheiden dürfen, hätte ein paar Wendungen beiseite lassen können. Selbst wenn es in den überflüssigen Szenen auch eine Menge Zitate aus Film- und Popkultur zu entdecken gibt (genial bspw. die Szene, in der Sam beim Komponisten erfährt, dass der praktisch für alle Hits der letzten 100 Jahre verantwortlich ist und ständig geheime Botschaften in die Texte einfügt), wirkt das Ganze ein bisschen gewollt auf Kunst getrimmt. Dass es letztlich im Kern eine entlarvende Geschichte über die Künstlichkeit und Oberflächlichkeit Hollywoods ist, entdeckt, wer sich trotz der teils irren Einfälle auf Szenen einlassen kann wie Folgende: Sam wird (nachdem er James Deans‘ Kopf gerieben und sich unter ein Monument von Newton gesetzt hat) vom König der Obdachlosen zu einer Höhle geführt, die sich als unterirdischer Bunker entpuppt. Als er wieder aus dieser Höhle herauskriecht, landet er über eine kleine Bodenklapp hinter dem Kühlschrank eines Supermarkts und genehmigt sich einen Schluck aus einem großen Kanister Milch. Klingt seltsam? Ist es auch. Aber wirklich interessant und eine Entdeckung wert.

Bild- und Tonqualität

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Wird Sam am Ende seiner Ermittlungen schlauer sein?  © A24

Under the Silver Lake liefert ein selbst in den dunklen Szenen sauberes und fast kornfreies Bild mit lebhaften Farben und angenehmer Schärfe in Close-ups. Schwarzwerte kommen recht knackig rüber und während der sonnigen Tageslichtszenen ist das Bild wirklich eindrucksvoll plastisch (120’24). Allerdings gibt’s in Bewegungen und Totalen schon mal unschöne Abstufungen und leichte Artefakte.
Der Ton von Under the Silver Lake liefert sauber kodiertes dts-HD-Master. Zwar konzentriert er sich auf die Dialoge, bietet aber eine bisweilen räumlich aufgefächerte Musik und wenn’s drauf ankommt auch Surroundeffekte wie das Feuerwerk nach etwa 20 Minuten. Auch das Gewitter nach 97 Minuten reißt aus dem Sitz und sorgt in dem Moment tatsächlich für eine Menge Spannung.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Under the Silver Lake finden sich lediglich die Originaltrailer sowie ein paar Programmtipps des Anbieters.

Fazit

Under the Silver Lake ist ein Potpourri aus Ideen, Zitaten, Hommagen und skurrilen Begebenheiten – das ist ebenso bizarr wie fernab vom Mainstream. Mithin nichts fürs „mal eben anschauen“. Aufgeschlossene Genre-Freunde wagen einen Blick und werden (vermutlich) belohnt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%

Anbieter: Weltkino/Universum Film
Land/Jahr: USA 2018
Regie: David Robert Mitchell
Darsteller: Andrew Garfield, Riley Keough, Chris Gann, Callie Hernandez, Jessica Makinson, Zosia Mamet,
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 140
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder: © A24 / Weltkino/Universum Film)

Trailer zu Under the Silver Lake

Under the Silver Lake | Offizieller Trailer Deutsch HD

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Rüdiger Petersen

Liest sich wie Filme von David Lynch . Habe nach Mullholland Drive nie wieder ein Lynch Film geschaut. Kurzum es ist Schrott. Diese Scheibe werde ich getrost im Verkaufsregal stehen lassen.