Die Bestimmung – Allegiant

Blu-ray Review

Die Bestimmung - Allegiant Blu-ray Review Cover
Concorde Home, ab 25.08.2016

OT: The Divergent Series: Allegiant

 


Überraschungen

Kurzes Intervall vor dem Finale oder eigenständig funktionierender Film innerhalb eines Franchise?

Inhalt

Es ist vollbracht: Evelyn und ihre fraktionslosen Anhänger haben Jeanine entmachtet und erschossen. Die Fraktionen brachen zusammen und es liegt nun an Fours Mutter, eine neue Zivilisation aufzubauen. Die jedoch verfällt in das gleiche Schema und lässt zunächst (das Volk will es ja angeblich so) die überlebenden Anhänger Jeanines in Schauprozessen hinrichten. Damit Tris‘ Bruder Caleb nicht das gleiche Schicksal ereilt (und um zu erfahren, was hinter der Mauer ist, die Evelyn geschlossen hat und bewachen lässt), beschließt sie gemeinsam mit Four, Caleb, Christina und Tori die Barriere zu überwinden. Mit Mühe und Not gelingt ihnen die Flucht vor Evelyns Scherge Edgar, doch sie verlieren dabei eine getreue Partnerin. Hinter der Mauer finden sich die vier Übriggebliebenen in einer radioaktiv verseuchten Wüste wieder und landen abermals an einer Barriere. Dieses Mal allerdings eine elektronische, die sich plötzlich öffnet und hinter der eine Einheit scheinbar freundlich gesinnter Soldaten auf Tris‘ & Co. wartet. Die Vier werden entseucht und erfahren, dass sie im Amt für genetisches Sozialwesen gelandet sind. Dort eröffnet man ihnen, dass Chicago „nur“ ein Experiment sei. Ein Experiment, die vor Jahrhunderten stattgefundenen Gen-Veränderungen zur Perfektionierung der Menschheit wieder rückgängig zu machen – hatte sich genetische Perfektion doch als Trugschluss erwiesen. Tris erfährt von David, dem Leiter der Einrichtung, dass er sie schon lange beobachte, weil sie der einzig genetisch reine (also unverfälschte) Mensch überhaupt ist. Mit ihr, so erhofft er sich, könne man die Menschheit wieder normalisieren. Tris schenkt dem Vorhaben Glauben, während Four (der wie alle anderen genetisch „defekt“ ist) seine Zweifel hat – und Recht behalten soll …

Wie schon bei der Biss-Serie und den Panem-Filmen teilen die Produzenten des Bestimmung-Franchise die finale Romanvorlage der jungen Autorin Veronica Roth in zwei Hälften. Während dies bei Mockingjay I eher mittelprächtig gelang und zu einem zähen Lückfüller verkam, dessen krasser Stimmungswechsel gegenüber den vorherigen zwei Teilen nicht flüssig erschien, macht es Allegiant besser. Auch hier ändert sich die Geschichte deutlich und setzt sich von den ersten beiden Filmen Divergent und Insurgent ab. Aber es wirkt einfach stimmiger – sowohl in der Buchvorlage als auch im Film. Nachdem die Fraktionen „überwunden“ wurden und die böse Jeanine ihr Leben ausgelebt hat, konzentriert sich der dritte Teil der Bestimmung-Serie zunächst auf die Entwicklungen innerhalb der siegreichen Revolutionäre der Fraktionslosen. Hier schwelt der erste Konflikt zwischen Fours Mutter Evelyn und Johanna, da Letztere überhaupt nicht damit einverstanden ist, den besiegten Anhängern Jeanines den öffentlichen Prozess zu machen und sie hinzurichten. Dass Evelyn hier dem Muster verfällt, kaum anders zu agieren als diejenigen, die sie zuvor bekämpft hat, ist ein beliebtes Thema in ähnlichen Filmen und führte auch im Finale von Panem zu einer überraschenden Wendung – die Revolution frisst ihre Kinder eben gerne. Allegiant allerdings macht es sich nicht so leicht und tischt eine viel größere Überraschung auf. Die „Übernahme“ der verhassten Gewohnheiten durch die Revolutionäre reicht der dystopischen Serie gerade mal für eine kleine Randnotiz. Ohnehin sind die Charaktere und Entwicklungen hier komplexer als in Suzanne Collins‘ Trilogie. Die Offenbarung, dass die Menschen in Chicago nur ein Experiment einer weit höher entwickelten Zivilisation sind, fügt der Story genau die Würze hinzu, die sie aus der Masse ähnlicher Geschichten hervorhebt. Mit Jeff Daniels als David kommt zudem eine zunächst undurchsichtige Figur hinzu, die ihr ganz eigenes Spiel spielt und dennoch nicht ganz oben in der Nahrungskette steht. Er verspricht zwar Frieden im Chaos, ist aber auch nur ein Zahnrad im Mühlenwerk des Rates von Providence.

Unterbrochen von rasanten und wirklich spannenden Actionelementen, die Tris und Four als Traumpaar der dystopischen Filme etablieren (und dabei durchweg glaubwürdiger inszeniert sind als das Dreieck aus Katniss, Peeta und Gale in Die Tribute von Panem), hält Allegiant als undankbarer „Zwischenteil“ eine hervorragende Waage aus neuen Storyelementen, unterhaltsamer Action und sinnvoller Dialoge. Gerade Letztere sind deutlich authentischer als jene in Mockingjay I und Mockingjay 2. Das mag aber auch an den natürlicher wirkenden und aufspielenden Hauptdarstellern liegen. Shailene Woodley umgibt nach wie vor dieses „Mädchen-von-Nebenan“-Flair, das für eine stärkere Bindung an ihre Figur sorgt als das kühl-arrogante Verhalten einer Jennifer Lawrence in Panem. Auch tut es dem Film gut, dass hier konsequent an der Beziehung zwischen ihrer Tris und Four festgehalten wird, während das Hin und Her zwischen Katniss, Peeta und Gale irgendwann für Verdruss sorgte. Theo James in der Rolle des Four ist ein kerniger Typ, dem man abnimmt, dass er für seine Überzeugung in den Krieg zieht und Miles Teller ist geradezu perfekt in der Rolle des opportunistischen Dauer-Verräters. Naomi Watts, die im letzten Teil als Evelyn überraschend auftauchte, agiert für ihre Verhältnisse etwas zu spröde. Man hätte sich gewünscht, dass in ihr etwas mehr Zweifel entstehen, wenn sie „Recht“ über die Anhänger Jeanines spricht – immerhin ist ihr eigener Sohn da ganz anderer Meinung. Auch wenn sich das später relativiert, fehlt die Entwicklung bis dahin. Jeff Daniels kennt man als ausgeglichenen Typen, der hier in der Rolle des David mal ambivalenter agieren darf und am Ende sogar richtig aus sich rauskommt. Leider passiert Allegiant genau in diesen Situationen ein ärgerlicher logischer Fehler, der in Frage stellt, warum David bei scheinbar vorhandener Allmacht unbedingt Peter als Erfüllungsgehilfen braucht. Doch solche Momente werden durch die rasanten Actionszenen, einige wirklich gut gelungene Kampfeinlagen und coole (meist gut gelungene) CGI-Effekte überspielt. Gerade im Amt für genetisches Sozialwesen gibt es unglaublich viel zu sehen und zu entdecken. Da verzeiht man sogar den optisch etwas albernen Drohnen-Schutz-Transport durch die toxische Wüste. Wenn der Film dann mit einem Knalleffekt endet, gelingt Regisseur Schwentke tatsächlich, Allegiant zum einen in sich rund zu machen und zum anderen viel Spannung aufs Finale zu erzeugen – das war bei Mockingjay I leider anders.

Bild- und Tonqualität

Die Bestimmung – Allegian Typisch für einen Sci-Fi-Film der letzten Jahre wirken die CGI-Shots ein wenig weicher, was man an den verfallenen Gebäuden zu Beginn erkennen kann, die nicht so klar gezeichnet sind, wie die reale Falltür direkt zu Beginn. Diese lässt scheinbar jeden einzelnen Rostansatz erkennen. Auch die Nahaufnahmen der Darsteller geraten hervorragend aufgelöst – solange es sich um gut ausgeleuchtete Szenen in Außenaufnahmen handelt. Kurz vor den anfänglichen Prozessen sind auf Peters viel zu rotbraunem (und damit nach ungesundem Sonnenbrand aussehenden) Gesicht deutlich Unruhen zu erkennen (4’33). Hauttöne sind hier einfach etwas übertrieben und weisen einen zu hohen Farbkontrast auf. Tatsächlich hilt es hier, die Farbintensität am Wiedergabegerät etwas zu reduzieren. Schade, dass die dunklen Szenen unter diesem Manko leiden, denn Außenaufnahmen sind wirklich plastisch und sehr ausgewogen kontrastiert. Auch der Schwarzwert gerät hier hervorragend. Randunschärfen oder gar digitale Artefakte sucht man vergeblich, die Detailtiefe ist erstaunlich hoch (22’52). Wechselt die Szenerie in das Amt, sind auch hier Farbtupfer (orangene Sessel in Davids Büro 58’50) etwas zu knallig. Ansonsten bleiben Schärfe und Schwarzwert sehr gut.
Akustisch ist Die Bestimmung – Allegiant sofort präsent. Schon die Eröffnungsszene ist weiträumig und lebhaft. Der kongeniale (und auf positive Weise an Daft Punks Tron-Musik erinnernde) Score kommt wuchtig aus den Speakern. Der erste Actionhöhepunkt glänzt mit unglaublich zahlreichen direktionalen Effekten und Großkalibergeschossen, die sich mit Vehemenz in den Heimkinoboden rammen. Wenn dann ein Bass-Sweep während der in Zeitlupe gefilmten Explosion durch den Raum wabert, darf man sogar mal kurz an die Nachbarn denken (21’14). Dabei bleiben Dialoge stets präsent und gehen im Feuerwerk nicht unter. Diese hohe Qualität und Räumlichkeit weisen im Übrigen beide Spuren auf, die gleichsam in dts-HD-Master vorliegen und einzig in der Stimmwiedergabe leichte Unterschiede aufweisen. Apropos Stimmen: Da die deutsche Nadia Hilker in der Rolle der Nita ihre eigene Synchronisation übernahm, hört man diese deutlich heraus – es klingt einfach immer unnatürlich wenn Darsteller sich selbst synchronisieren. Absolut klasse wiederum ist auch der wabernde Sound der sich öffnenden Mauer der „anderen Seite“ (28’10). Innovativ und frei im Raum schwebend sind die Geräusche der Drohnen, die Four und seine Kollegen mit ihre Hologrammbrille und Gesten steuern. Müßig zu erwähnen, dass Schusswechsel effektvoll sind und vor direktionalen Einschlägen nur so wimmeln. Auch Tris‘ Flucht im Raumgleiter und der anschließende Beschuss sind Muster an Dynamik und Effektreichtum – und zwar aus allen sieben Kanälen, die von den Geschossen ausgiebig genutzt werden und über den Köpfen des Zuschauers entlangfliegen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Die Bestimmung – Allegiant findet sich zunächst ein Audiokommentar mit den beiden Produzenten Doug Wick und Lucy Fisher. Dazu gesellen sich, übersichtlich gestaltet insgesamt zehn Featurettes, die man auch am Stück laufen lassen kann. Auf 79 Minuten summieren sich diese Beiträge insgesamt und klären über diverse Aspekte des Films auf. Ein unvermeidliches Feature erläutert, wie man vom Buch zum Film kam und klärt auf, dass die Veronica Roth Hollywood trotz Beratungsfunktion viel Spielraum ließ. Hinzu kommen Kapitel, in denen der Kampf im Transportschiff sowie die Effekte des Films analysiert werden. Zwei weitere Featurettes beschäftigen sich mit den Figuren des Films und damit, dass die beiden Hauptcharaktere für kurze Zeit getrennte Wege gehen. Natürlich kommt auch ein Beitrag über die Musik und in „Die Entstehung des Amts“ widmet man sich gut zwölf Minuten mit dem Look und der Umsetzung des neuen O’Hare-Airports. In „Flucht über die Mauer“ geht’s um die inhaltliche und metaphorische Schlüsselszene, in der die Gruppe die große Wand überwindet. Für diesen Teil wurde extra eine 18 Meter hohe Mauer errichtet, die von den Darstellern real erklommen wird. „Die Entstehung eines neuen Looks“ nimmt Bezug auf das Kostümdesign, das nun vollkommen anders ist als in den zwei vorherigen Filmen.

Fazit

Die Bestimmung – Allegiant wurde unverständlicherweise bisweilen von der weltweiten Rezeption nur durchschnittlich aufgenommen. Mir ist das unbegreiflich, da der Film durchweg unterhaltsam inszeniert ist, deutlich mehr Metaphorik und Inhalt als ähnlich gelagerte Dystopien liefert und dementsprechend stärker zum Nachdenken anregt als es der Abschluss der Panem-Sage zuletzt tat. Wer die ersten beiden Teile mochte, wird sich kurz umstellen müssen, um auf die neue Welt hinter Chicago zu reagieren, doch gerade diese Erweiterung des Films gelingt vorzüglich. Für technikverliebte Cineasten mit potentem Heimkino liefert die Blu-ray zudem absolut satten Sound sowie ein bis auf wenige Ausnahmen sehr gutes Bild.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 80%
Film: 80%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Robert Schwentke
Darsteller: Shailene Woodley, Theo James, Jeff Daniels, Miles Teller, Ansel Elgort, Zoë Kravitz, Maggie Q, Ray Stevenson, Mekhi Phifer, Daniel Dae Kim, Bill Skarsgård, Octavia Spencer, Naomi Watts, Keiynan Lonsdale, Jonny Weston, Nadia Hilker
Tonformate: dts HD-Master 7.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 121
Codec: AVC
FSK: 12