Affenkönig

Blu-ray Review

Affenkönig Blu-ray Review Cover
EuroVideo, 28.03.2017

OT: –

 


The Time of his Life

Wenn spätpubertäre Kerle nach zwanzig Jahren wieder aufeinander treffen, ist Lattenmessen angesagt.

Inhalt

Vor 20 Jahren haben sich Viktor, Ralph und Martin nun das letzte Mal gesehen. Nun ruft sie der ehemalige Gruppen-Leader Wolfi, gern auch „Affenkönig“ genannt zu dessen 45. Geburtstag in die Provence. Ein hübsches Anwesen hat er dort und gedenkt, die Zusammenkunft mit den alten Kumpels zünftig zu feiern. Und kaum trifft das Trio (mitsamt familiärem Anhang) beim König der Primaten ein, empfängt der sie in langem schwarzen Zottelmantel mit Heavy Metal und Feuerwerk. Für den frustrierten Hausmann Ralph, der sich in Sarkasmus flüchtet, ist diese prunkvolle Welt nur Schein, wenngleich er die halbnackten Gespielinnen Wolfis für den Geschmack seiner zugeknöpften Frau ein wenig zu lange anstarrt. Der arbeitslose Techno-DJ Martin, der mit seinem Sohn vor Ort ist, lässt keine Möglichkeit aus, um den vermeintlich wohlhabenden Wolfi anzupumpen und Viktor leidet nicht nur unter seiner Drogensucht, sondern auch unter seiner Parteichefin, für die er ein Enwicklungshilfe-Projekt planen soll. Doch sie persönlichen Eigenheiten und Wahrheiten rücken erst dann so richtig in den Vordergrund, als Wolfi seine Kumpels in den nächsten Tagen von einer absurden Unternehmung in die nächste schickt …

Der Schweizer Oliver Rihs, der vor zehn Jahren ausgerechnet den BERLINER Kult-Episoden-Film Schwarze Schafe drehte, hat sich für sein jüngstes Werk die Midlife-Crisis vierer alter Kumpels ausgesucht, die er schonungslos und zur Schau stellt. Dabei lotet Affenkönig die Grenzen des guten Geschmacks gleich mehrfach aus und gibt seine Figuren ganz bewusst der Lächerlichkeit preis – und das nicht nur während der Bike-Tour in Reizwäsche. Oft bleibt dem Zuschauer das Lachen im Halse stecken und es heißt Fremdschämen pur. Allerdings nicht, weil der Film peinlich ist, sondern seine Charaktere und deren Verhaltensweisen – und das schildert Rihs ohne Pardon. Bis hin zu den irrsinnigsten sexuellen Eskapaden im Stile von Das große Fressen. An dieser Stelle ist Affenkönig für einen deutschen Film erstaunlich zeigefreudig, wenngleich alles andere als erotisch. Ab und an beschleicht einen etwas das Gefühl einer Nummernrevue, die Rihs abzieht, um alle seine Ideen abgearbeitet zu wissen. Dabei kann er sich allerdings auf seine Schauspieler verlassen, die perfekt in ihre Rollen passen. Gerade Oliver Korittke, der die sexuelle Frustration seiner Figur mit dem passenden Sarkasmus und einer gehörigen Portion Voyeurismus kompensiert. Er kann tatsächlich auch den devoten Hausmann spielen, ohne dabei Schiffbruch zu erleiden. An seiner Seite ist Jule Böwe als Psychoanalytikerin und frigide Ehefrau von Ralph ebenfalls herausragend. Wenn sie etwas von Sexsklavinnen herauspoltert oder den Marquis de Sade als „kranke Sau“ bezeichnet, für die man heute nur starke Psychopharmaka übrig hätte, sorgt sie für die besten Gags des Films.Tatsächlich funktionieren die Schauspieler sogar dann, wenn im (plakativ gefilmten) Angesicht des Alters wieder versöhnliche(re) Töne angeschlagen werden. Dass sich die finale Überraschung von Affenkönig schon lange zuvor angekündigt hat, macht eigentlich nichts – zumal sie noch einen hübschen Knalleffekt beinhaltet.

Bild- und Tonqualität

Affenkönig präsentiert sich in einem auf den Look der Provence angepassten und entsprechend stilisiertem Look. Der Kontrastumfang wurde etwas zurückgenommen, alles wirkt irgendwie ein wenig zu hell/grell. Der hitzigen Atmosphäre ist das allerdings sehr zuträglich. Ein leichtes Korn ist zwar erkennbar, stört aber nicht weiter und lässt das Geschehen analog wirken. Die Schärfe ist in Nahaufnahmen gut, Details im Hintergrund sind nicht ganz so plastisch.
Wolfis Empfang mit Rockmusik und Feuerwerk kommt für eine Komödie extrem dynamisch und voluminös daher, das überrascht schon ein wenig – und zwar auf positive Art und Weise (6’10). Dieser Eindruck vertieft sich im Laufe des Films, wenn Fleisch zischend auf den Grill gelegt wird und der Filmscore sowie der Soundtrach erstaunlich dynamisch daherkommen. Affenkönig fügt die Dialoge dazu harmonisch ein, sodass sie stets gut verständlich rüberkommen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Affenkönig findet sich außer dem Originaltrailer leider nichts weiter.

Fazit

Affenkönig ist ein wilder und (be)rauschender Trip mit extrovertierten Darstellerleistungen, tollen Bildern der Provence und zügellosen Wahrheiten – nicht für jedermanns Geschmack,, aber auf jeden Fall außergewöhnlich.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität: 75%
Bonusmaterial: 5%
Film: 70%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: Deutschland/Schweiz 2016
Regie: Oliver Rhis
Darsteller: Hans-Jochen Wagner, Samuel Finzi, Oliver Korittke, Marc Hosemann, Jule Böwe, Jytte-Merle Böhrnse, Tijan Marei, Jacob Schmidt, Elisabeth Ehrlich
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Affenkönig

Affenkönig Trailer deutsch

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