Gefühlt Mitte Zwanzig

Blu-ray Review

Gefühlt Mitte Zwanzig Blu-ray Review Cover
Universum Film, seit 04.12.2015

OT: While We’re Young

 


Fragen der Ethik

Gefühlt mitte Zwanzig ist ein bisweilen exzellentes Drama über moralische Prinzipien in einer veränderten Welt.

Inhalt

„Los, schafft euch auch eins an!“ – die gerade Eltern gewordenen Freunde von Josh und Cornelia treffen damit einen eher schwierigen Punkt bei dem eingespielten aber auch etwas eingefahrenen Paar. Eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben ist der Alltag in der Beziehung ein wenig zu stark geworden. Selbst Joshs Arbeit als Dozent und Ex-Dokumentarfilmer scheint etwas auf der Stelle zu treten. Doch dann begegnet ihm der junge Filmemacher Jamie mit seiner ebenso jungen Frau Darby. Die zwei sprühen nur so vor Lebensfreude und Energie und reißen Josh von Begin an mit. Sogar Cornelia spürt ihre Jugend wieder, wenn sie mit Darby zum Hip-Hop-Tanzkurs geht. Und dann, siehe da, wird sogar der Sex zwischen ihr und Josh wieder spontan und leidenschaftlich. Gleichzeitig distanzieren sich ihre alten Freunde, weil sie nichts mit dem Jugendwahn anfangen können. Als Josh merkt, dass hinter der Freundschaft zwischen Jamie und ihm eine hinterlistige Motivation steckt, bricht das Kartenhaus in sich zusammen …

Bisweilen unbeschwerte Elemente treffen auf ein paar schwermütigere Momente der Sinnkrise in Noah Baumbachs jüngstem Film. Während in der ersten Hälfte vor allem die Atmosphäre des Jungbrunnens dominiert und sich einige bissige Kommentare auf die heutige Zeit hinzumischen, schwenkt Gefühlt Mitte Zwanzig nach etwa der Hälfte zu einem Drama, das das jugendhafte Benehmen wieder in Frage stellt und die Angst vor Veränderung in den Mittelpunkt stellt. Von da an spielt der Film seine Stärken aus – gipfelnd in einer brillanten Diskussion über die Ethik des Dokumentarfilmens in einer sozial veränderten Welt. Schade deshalb, dass der Trailer im Vorfeld vornehmlich situationswitzige Szenen enthielt und den Eindruck vermittelte, man bekäme es mit einer der besseren, weil gehaltvolleren Komödien mit Ben Stiller zu tun. Tatsächlich bleibt der Humor aber unterhalb der Oberfläche und wird nicht vordergründig. Bisweilen rutscht Baumbachs Werk allerdings in eine etwas seltsame Stimmung ab, die ein komisches Gefühl erzeugt und die viele vermutlich ziemlich öde finden könnten – zumal Stiller eine eher gelangweilte Vorstellung abgibt. Das mag zum einen am Drehbuch liegen, das seine Figur ständig ausbremst und zu einem Typen reduziert, bei dem man sich wirklich fragt, warum sich Cornelia jemals in ihn verliebt hat. Dabei hätte gerade das Film-im-Film-Thema so viel Möglichkeit zu selbstreferenziellen Momenten und Zitaten geboten, über die man sich wirklich amüsieren hätte können – am besten abzulesen in den wirklich großartigen Momenten zwischen Josh und seinem Stiefvater (56’00). Dass Gefühlt Mitte Zwanzig dennoch unterhaltsam gerät, liegt vor allem an der entfesselten Performance von Naomi Watts, deren Hip-Hop-Tanz-Gehopse für ein Dauergrinsen sorgen. Sie spielt ihren männlichen Kollegen glatt an die Wand. Auch Amanda Seyfried passt sehr gut in ihre Rolle der flippigen jungen Frau, während Adam Driver als Jamie bisweilen nervt und aufgesetzt wirkt.

Bild- und Tonqualität

Für eine Komödie hat Gefühlt Mitte Zwanzig ein überraschend körniges und schmuddeliges Bild. Die Farben sind etwas reduziert und selbst am Tag bleibt eine eher schwül-gewittrige Optik. Es macht etwas den Anschein, als hätte Regisseur Baumbach das mit seinem Stab so gewollt, um die leicht schwermütigen Anteile der Atmosphäre zu unterstützen. Die Schärfe bleibt durchschnittlich, ist aber recht gleichmäßig über das Bild verteilt. Bei Hell-Dunkel-Übergängen versumpfen Details in Gesichtern schon mal. Auch akustisch lässt Gefühlt Mitte Zwanzig nur wenig Raum für Effektsituationen oder Dynamik. Die Signale kommen vornehmlich aus dem Center und selbst die Stereolautsprecher bleiben im Hintergrund. Hin und wieder öffnet sich der Raum etwas, wenn Darsteller und Kamera ins belebte New York wechseln und schon mal Verkehrsgeräusche von den Rearspeakern kommen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Gefühlt Mitte Zwanzig verstecken sich zwei Interviews mit Hauptdarsteller Stiller und Regisseur Baumbach. Dazu gesellen sich insgesamt drei Featurettes. Das erste gewährt noch einmal einen kleinen Einblick in den Hip-Hop-Tanzkurs, im zweiten wird uns Regisseur Noah Baumbach näher gebracht und das dritte kümmert sich um die Vorstellung der Darsteller sowie um deren Motivation, bei diesem Film mitzumachen. Da alle drei Featurettes gerade mal fünf Minuten Gesamtlaufzeit ausmachen, kann man hier allerdings nicht gerade von umfassender Information sprechen.

Fazit

Ernüchtert ist Josh am Ende von Gefühlt Mitte Zwanzig und ähnlich könnte es dem Zuschauer ergehen, der sich aufgrund des Trailers in einer witzigen Komödie wähnte. Freunde von Lebensdramen kommen hier allerdings deutlich mehr auf ihre Kosten, denn der zweite Teil des Films gerät bedeutend intensiver, tiefgründiger und besser als der erste.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Noah Baumbach
Darsteller: Ben Stiller, Naomi Watts, Adam Driver, Amanda Seyfried, Charles Grodin, Adam Horovitz, Maria Dizzia, Brady Corbet, Adam Senn
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 98
Codec: AVC
FSK: 0

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