Blu-ray Review
OT: Busanhaeng
Rollende Quarantäne
Zombiefilm-Highlight aus Südkorea. Aus Südkorea? Jawohl, aus Südkorea!
Inhalt
Seok Woo ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, was aber auch dazu führte, dass sich seine Frau von ihm getrennt hat. Nun lebt er mit seiner Mutter und Töchterchen Soo-an in einem stylischen Appartment, hat aber kaum Zeit, sich um sein Mädchen zu kümmern. Da Soo-an Geburtstag hat, wünscht sie sich deshalb nichts sehnlicher, als ihre Mutter in Busan zu besuchen – und wenn sie sich alleine in den Zug setzt und auf eigene Faust hinfärt. Doch soweit kommt es dann doch nicht, denn Woo hat ein Einsehen und fährt gemeinsam mit ihr im Zug zur Ex. Was beide noch nicht wissen: Kurz vor der Abfahrt hat sich eine junge, mit einem Zombievirus infizierte Frau in einen Waggon geschmuggelt. Schneller als die Passagiere “Notbremse” sagen können, beißt sich die Untote von einem Abteil ins nächste und infiziert gleiche eine Dutzendschaft an Fahrgästen. Natürlich verfallen auch diese augenblicklich selbst der Fleischfresslust. Der Zug verkommt so nach und nach zur tödlichen Falle für Woo und seine Tochter. Doch die Idee, an einem Bahnhof anzuhalten ist ebenfalls kaum besser, denn der Zombievirus hat sich natürlich auch in der Außenwelt verbreitet. Also flüchtet man erneut in den fahrenden Sarg mit Ziel nach Nirgendwo …
Train to Busan wurde im vergangenen Jahr mit Preisen überhäuft und lief gar (wenn auch außer Konkurrenz) auf den Filmfestspielen von Cannes! Nicht ganz zu Unrecht, denn Yeon Sang-hos Langfilmdebüt verpasst nicht nur dem ausgelutschten Zombie-Genre eine Frischzellenkur, sondern punktet mit einem klaustrophobischen Szenario und äußerst gut gelungenen Verwandlungsmomenten. Auch die Kameraperspektiven bei den anfänglichen Attacken sind großartig (24’45). Die vollanimierten Zombies im World-War-Z-Überfallkommando kurz darauf sind allerdings weniger überzeugend gelungen, definieren aber eine Nähe zum Brad-Pitt-Franchise-Film, die noch des Öfteren zu bemerken ist. Und wenn sich im Finale eine Hundertschaft Untoter als Zugbremse betätigt, darf man anhand des originellen Einfalls auch über die nicht ganz so gut gelungene Animation hinwegsehen. Zudem gibt es im Gegensatz dazu auch viele stimmungsvolle(re) Bilder der im Zug umher irrenden Zombies. Auch die TV-Berichte über die rasenden Zombies verfehlen ihre Wirkung nicht. Nach und nach gehen Teile der Metropolen in Rauch auf und der Verfall der Gesellschaft geschieht schneller als man denkt. Höchst atmosphärisch, fast schon gespenstisch muten die Bilder auf einem Bahnhof an, in dem der Zug stoppt und der vollkommen menschenleer ist. Hier funktionieren sogar die animierten Szenen recht gut und vermittelt eine unmittelbare Rohheit, wenn die verwandelten Soldaten aufs Zugdach klatschen. Ohnehin ist für Brutalität durchaus gesorgt. Zwar erreicht Train to Busan kein Ultra-Splatterniveau, doch die Kämpfe in den Abteilen wirken schon aufgrund ihrer Enge und den improvisierten Waffen ziemlich heftig.
Bild- und Tonqualität
Wie bei Vertretern des asiatischen Kinos häufig, ist auch das Bild von Train to Busan in Nahaufnahmen bis zur Überschärfung gestochen. Dazu kommt eine äußerst gute Laufruhe ohne jedes Rauschen oder Korn in den ruhigen Einstellungen. Bei kurzen Bewegungen zeigen sich leichte Wischeffekte, was für Fernost-Filme ebenfalls nicht unüblich ist. Die Farben tendieren immer etwas ins Gelbbraune, bleiben aber dennoch verhältnismäßig authentisch. Schwarzwerte dürften noch ein wenig knackiger sein, sie sind ab und an ein wenig bläulich. Außerdem leiden dunkle Szenen schon mal an einem etwas milchig-rauchigen Look (84’40).
Akustisch bleibt Potenzial ungenutzt. Gerade die großen Actionszenen hätte deutlich mehr direktionale Effekte verdient. Die Geräuschkulisse der geifernden Zombies bleibt erstaunlich frontal. Einzig die Zugdurchsagen des Lokführers ertönen mal etwas griffiger von den Rears. Ähnlich verhält es sich mit dem Subwoofer, der vehementer zupacken könnte und auch die wuchtigen Szenen nicht über die Maßen unterstützt. Stimmen allerdings gelangen jederzeit präsent ins Heimkino und sind nur in wenigen Ausnahmefällen von einem eher schwachen Synchronsprecher vertont worden – leider ein Faktor, der häufig bei koreanischen Outputs hierzulande zu bemerken ist.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Train to Busan findet sich eine 13-minütige B’Roll, die auch darüber Einblick gibt, wie man die Hintergründe realisierte, die man durch die Fenster des Zuges sieht. Ohnehin ist es interessant, wie man die Dreharbeiten unter diesen beengten Umständen realisierte. Dazu gibt’s ein Question & Answer von einem Press Screening. Während der gut 42 Minuten währenden Pressekonferenz dürfen acht Beteiligte des Films Rede und Antwort stehen. Natürlich geht es dabei ganz geordnet und rücksichtsvoll zu – immerhin ist man ja in Südkorea.
Fazit
Train to Busan vereint asiatisches Actionkino mit westlichen Zombie-Elementen und macht daraus einen ebenso rasanten wie unterhaltsamen Film. In der Tat könnte sich Brad Pitt für sein Sequel zu World War Z hier eine Scheibe abschneiden und sie David Fincher überreichen. Denn der Kultregisseur (Gone Girl) wird tatsächlich als Direktor für den zweiten Teil gehandelt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%
Anbieter: Splendid
Land/Jahr: Südkorea 2016
Regie: Yeon Sang-ho
Darsteller: Gong Yoo, Kim Soo-an, Jeong Yu-mi, Ma Dong-seok, Choi Woo-sik, Ahn So-hee, Kim Eui-sung
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 118
Codec: AVC
FSK: 16