Blu-ray Review
OT: Fast & Furious 6
Familie
Da war er noch voll dabei, der Paul: Der sechste Teil des Franchise nun auf UHD – leider auf einer schlechten.
Inhalt
Dom und Brian leben seit ihrem 100-Millionen-Dollar-Coup in Rio genießen die Ruhe. Mia erwartet gar ihr erstes Kind. Die Entspannung wird allerdings gestört, als Agent Hobbs, ihr letzter Widersacher, auf der Veranda von Doms Anwesen auftaucht. Er berichtet von Ex-Elite-Soldat Owen Shaw, der in Europa mit seiner Gang immer wieder sensibles militärisches Eigentum klaut. Hobbs bittet Dom um Hilfe und hat ein As im Ärmel, um Toretto zum Mitmachen zu überreden: Die totgeglaubte Letty wurde von britischen Überwachungskameras gefilmt. Da Shaw aber nicht irgendeiner ist, reicht Dom alleine nicht aus. Er muss ein ganzes Team zusammentrommeln, um dem Kriminellen das Handwerk zu legen. Natürlich sind alles sofort dabei – immerhin geht es um die „Familie“. In London angekommen findet die Truppe heraus, dass Shaw nur noch einen Chip braucht, um eine Technobombe zu bauen, mit der die militärische Kommunikation eines ganzen Landes lahmlegbar wäre. Der richtige Käufer könnte dafür Milliarden auf den Tisch legen. In Anbetracht der Aufgabe handeln Toretto und Hobbs einen Deal aus: Shaw im für Letty und eine Absolution sämtlicher alter Straftaten. Schon der erste Versuch, den Gegner dingfest zu machen, scheitert jedoch kläglich. Shaw weiß offensichtlich immer genau, was als nächstes passiert und auch mit der plötzlich auftauchenden Letty scheint etwas nicht zu stimmen. Gerade noch Auge in Auge mit Dom feuert sie unverhofft ihre Waffe auf ihn ab …
Justin Lin, seit Tokyo Drift im Sattel des Fast & Furious-Franchise bringt mit Fast & Furious 6 eine, wie er es nennt, zweite Trilogie zum Abschluss. Dabei fährt er noch einmal alles auf, was er über die Jahre in Sachen Action verinnerlicht hat. Waren die beiden vorherigen Filme schon nicht arm an furiosen Schauwerten, wird es in Fast & Furious 6 beinahe schon cartoonhaft, wenn Akteure sich wie Superhelden durch die Luft in die Arme fliegen und ein Panzer über eine spanische Autobahnbrücke donnert. Bei all dem Bombast scheint es beinahe unnötig, eine Geschichte zu erzählen. Dennoch gibt es so etwas wie ein grundlegendes Story-Motiv und das heißt Familie. Mit unkorrumpierbarer Moral stehen Toretto und seine Gang ein für die Werte einer Multikulti-Familie, die, grundkonservativ, den anarachischen Regelbrechern das Handwerk legt. Hut ab, dass Lin für seinen verachtenswerten Antagonisten den damals heißesten Typen engagieren konnte, den Hollywood zu bieten hat: Luke Evans (siehe DVD-Rezension zu No One Lives) ist nicht nur vielbeschäftigt, sondern der charismatischste Gegner, mit dem Dom und seine Gang es bisher zu tun hatte.
Zweitgrößter Coup von Fast & Furious 6 ist natürlich der Wechsel im Zusammenspiel von Vin Diesel und Dwayne Johnson. Seite an Seite weiß man nun gar nicht so genau, wer mehr Testosteron versprüht und von wessen Oberarmen man mehr beeindruckt sein soll (oder abgestoßen, je nach Geschmack). Für die nötige Prise Sex sorgen, wie immer, die Mädels an der Seite, die natürlich taffer sind als ihre männlichen Pendants. Die Hauptrolle aber spielen weiterhin die Actionszenen- und die fallen dieses Mal noch heftiger aus. Da fliegen britische Vauxhall-Astras wie Federn durch die Luft und eine ganze Antonow An-225 wird zum Drehpunkt einer schweißtreibenden Verfolgungsjagd. Jede einzelne der vier großen Sequenzen würde einem „gewöhnlichen“ Actionfilm als Höhepunkt reichen – alle sind perfekt in Szene gesetzt und getimt. Hinzu kommen dieses Mal ein paar Körperfights, deren Choreographie kaum besser sein könnte. Vor allem der Kampf zwischen Michelle Rodriguez und MMA-Fighterin Gina Carano in der U-Bahn beeindruckt auf voller Länge. Fast & Furious 6 ist eine zwei-Stunden-Vergiss-deine-Sorgen-Actionshow ohne Nebenwirkungen und mit genug Selbstironie für entspannten Witz zwischen den Adrenalinschüben. Wer die erste Minute des Abspanns noch bei der Stange bleibt, wird mit einem Knaller zum kommenden siebten Teil übergeleitet.
Bild- und Tonqualität BD
Ein Fast & Furious sieht aus, wie ein Fast & Furious eben aussehen muss!
Im Klartext heißt das: Außen bräunlich gefilterte Farben, satte Kontraste und ein filmisches Korn auf Hintergründen. In Innenräumen dagegen schon mal eine bläuliche Filterung und eine etwas stärkere Unruhe. Insgesamt könnte die Schärfe in Fast & Furious 6 ein wenig besser sein – vor allem bei den zahlreichen Close-ups auf London & Co. Die Durchzeichnung gelingt – unabhängig von der Ausleuchtung – sehr gut und die Schwarzwerte sind knackig. Insgesamt dürften Hautfarben etwas weniger gelblich sein. Aber das liegt letztlich auch an der bewussten Filterung der Postproduktion.
Bevor eine (durchaus berechtigte) Kritik daran geübt wird, dass erneut nur die englische Tonspur in dts-HD vorliegt, hören wir genau hin und können selbst nach mehrfachen Wiederholungen und dem Wechsel zwischen der deutschen dts-5.1- und der englischen dts-HD-Master-5.1-Spur von Fast & Furious 6 keinen hörbaren Unterschied feststellen. Beiden gemein und eines Furious-Titels nur würdig, ist die häufige Nutzung der Effektspeaker, die schier unbändige Dynamik und der brachial eingesetzte Subwoofer. Der lässt es beispielsweise bedrohlich grummeln, wenn die Tiefgarage nach und nach dem Erdboden gleich gemacht wird (23’00). Hier und da scheinen im Getümmel ein paar Toninformationen zu fehlen, man scheint mehr zu sehen, als man hört. Doch dafür füllen die V8-Big-Blocks der US-Boliden wieder den ganzen Raum und sorgen für Gänsehaut – nicht nur bei Benzinjunkies. Und wenn zu Beginn des letzten Drittels der Panzer seine Granaten feuert, bleibt nur noch verbrannte Erde im Heimkino zurück (91’25).
Bild- und Tonqualität UHD
Justin Lin war lange ein Freund von analogem Film. Erst mit Star Trek: Beyond wechselte er auf digitale Kameras. Bei FF6 kamen demnach noch analoges Material zum Einsatz. Genutzt wurden hier vier verschiedene ARRI-Cams. Von der LT über die ST bis hin zur 235 und 435. Von diesem 35mm-Material wurde dann allerdings nur ein 2K-Digital-Intermediate erstellt. Man nahm sich das Film-Negativ für die UHD also kein zweites Mal vor, um einen nativen 4K-Scan zu produzieren. Ergo haben wir es nur mit einem hochskalierten 4K-Bild zu tun. Ebenfalls auf die Disk gelangte ein erweiterter Farbraum im Rahmen von Rec.2020 sowie die höhere Bilddynamik HDR10.
Was dabei am Ende rausgekommen ist, gehört leider zu den schwächsten UHD-Umsetzungen bisher überhaupt. Denn abgesehen von den wärmeren, natürlicheren Hauttönen und den harmonischeren Farben, gibt es weder einen Schärfe-Zugewinn, noch wesentlich mehr Dynamik. Eher im Gegenteil, wenn man sich den schwächeren Schwarzwert zu Beginn von Kapitel sechs anschaut (24’32).
Noch ärgerlicher aber sind echte Bildfehler. So liefert die Blu-ray zu Beginn von Kapitel vier zwar keine so klar herausgearbeitete Sonne im Morgenrot, dafür ist sie aber frei von Banding in den Folgeszenen.
Was man wiederum von der UHD nicht sagen kann. Die Datenrate sackt hier auf unter 16Mbps (also auf schwaches BD-Niveau) ab und man sieht am oberen Bildrand deutliches Banding, das sich gar zu Blockartefakten formiert (ab 15’35). Dazu kommt das deutlich sichtbarere Korn, was die Himmels-Hintergründe in diesen Szenen extrem unruhig werden lässt (15’43). Betrachtet man diese Faktoren, reißen es die harmonischeren Farben auf Wiesen und Gesichtern leider nicht mehr raus. Nicht nur innerhalb anderer Ultra-HDs ist Fast & Furious 6 eine der schlechtesten, sondern auch gegenüber der Blu-ray. Zumal es keinen sichtbaren Schärfe- oder Detail-Zugewinn gibt. Halbotale oder Totale sind genauso unscharf und weich wie über die BD und selbst in scharfen Close-ups muss man sehr genau hinsehen, um einen Vorsprung bei der hochskalierten 4K-Scheibe zu erkennen.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD stellt den Teint wärmer, dunkler und natürlicher dar.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Auch hier liefert die UHD die Farben harmonischer ab.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Bekanntes Bild auch hier: Die UHD wirkt etwas satter, Farben natürlicher. Das sind aber (wie oben im Text beschrieben) die einzigen Vorteile der UHD, die ansonsten in vielen Bereichen gegenüber der Blu-ray schwächer ist.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Was im laufenden Bild noch viel drastischer ist, wird auch beim Screenshot deutlich: Die wesentlich stärkere Unruhe der UHD durch Körnung.
Zunächst Kompliment an Anbieter Universal. Auch für diesen Backkatalog-Titel nahm man sich die Tonspuren vor und liefert für die UHD ein Upgrade für beide Sprachen. Sowohl der englische als auch der deutsche Ton kommen nun dts:X daher und gleichen sich demnach auch auf der regulären Ebene nochmals an, wo sie sich beim Vergleich zwischen dts- und dts-HD-MA-Fassung der BD ebenfalls schon sehr ähnelten. Allerdings mit einer kleinen Einschränkung. Denn beiden Tonspuren liegt hier „nur“ ein dts-HD-High-Resolution-Kern zugrunde, kein HD-Master. Man muss also mit einer auf (immerhin) 3.4Mbps festgelegten Datenrate „leben“.
Die erweiterte Fassung lässt sich über die UHD ebenfalls anwählen, hat aber für beide Sprachen nur reguläres dts übrig!
Zudem kommt das Problem, dass einige Receiver (bis heute) Probleme haben, aus dem dts-HD-HR-Kern ein entsprechendes dts:X-Signal zu kodieren. Es wird also immer noch Käufer geben, die den 3D-Sound hier nicht nutzen können.
Kann man es jedoch, so hat man so viel auch nicht gewonnen. Denn die Höhen-Ebene ist erstaunlich inaktiv. Die deutlichsten Geräusche sind die vehementen Schüsse aus der Gun nach 25 Minuten. Zuvor wuschten Walkers und Diesels Autos im ersten Kapitel kurz über die Kamera und der Score spielt auch ab und an von oben mit. Jetzt bietet der sechste Teils des Franchise auch nicht allzu viel optischen Anlass für 3D-Sounds, da die Action doch meist auf dem Boden stattfindet. Aber etwas mehr Atmosphäre hätte man sich hier schon gewünscht.
Zumal nach rund 90 Minuten bei der großen Actionsequenz selbst der Panzer (der sichtbar oberhalb der Kamera aus dem LKW heraus bricht) nicht auf den Heights zu hören ist. Immerhin mal ein bisschen Feuer bei der ersten Explosion und dem vorbeirauschenden Mustang (93’09). Besonders ärgerlich ist es aber, dass man nicht mal etwas von der zusammenbrechenden Brücke hört, die über Torettos Fahrzeug herein bricht (91’30). Wenn dann endlich mal ein richtig beeindruckender 3D-Toneffekt kommt, befinden wir uns schon fast am Ende des Films. Dort gelingt es dann dem Transportflugzeug echte Akzente zu setzen (101’38). Insgesamt ist das aber zu wenig.
Bonusmaterial
Beim Bonusmaterial von Fast & Furious 6 besteht zunächst die Möglichkeit, aus der Kino- und der erweiterten Fassung auszuwählen. Letztere läuft jedoch nur gut 56 Sekunden länger und enthält kaum Gewaltspitzen, sondern bspw. eine erweiterte Szene mit Autoveredler Firuz oder den finalen Tritt von Rodriguez in die Kniekehle von Gina Carano.
Des Weiteren gibt es einen Audiokommentar mit Regisseur Justin Lin, drei (weniger interessante) unveröffentlichte Szenen und vier Featurettes, die mitunter wiederum mehrere Teile enthalten. Dazu gibt es das vierteilige Making-of, das jedoch kürzer ausgefallen ist, als die einzelnen Featurettes. Alles in allem bekommt man interessante und vielseitige Einblicke in die Einzelteile der Prävisualisierung und Entwürfe der Actionszenen, in die Choreografie und Arbeit an den Fightszenen und Erklärungen dafür, wie Justin Lin die Serie sieht und wo sie nun steht. Auch die Entwicklung des „Flip-Car“ wird ausgiebig erklärt und natürlich sind auch hier die Familienaspekte ein wichtiger Part.
Fazit
„You get, what you pay for!“ – einfacher und treffender kann man auch den jüngsten Teil der „Fast & Furious“-Reihe nicht umschreiben. Wer in Fast & Furious 6 ernsthaft tiefschürfende Dialoge oder eine glaubwürdige und sinnvolle Story sucht, dem ist nicht zu helfen. Bis auf einen Hänger vor dem letzten Drittel knallt, raucht, zischt und lärmt es hier pausenlos. Und bei so viel Adrenalin im Blut und Sprit im Tank kann’s nur heißen: Zündschlüssel rein, umgedreht, Gas geben und nach zwei Stunden guter Unterhaltung den Motor abstellen.
Leider gehört die UHD zu jenen, die man getrost im Laden stehen lassen kann. Das Bild leistet sich technische Schnitzer wie Blockartefakte und ist keinen Deut besser aufgelöst. Der dts:X-Sound basiert nur auf einem verlustbehafteten Kern und liefert viel zu wenig 3D-Sound-Unterstützung.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 80%
Bildqualität UHD: 70%
Tonqualität BD (dt. Fassung): 90%
Tonqualität BD (Originalversion): 90
Tonqualität UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 90%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 30%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 50%
Tonqualität UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 90%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 30%
Tonqualität UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 50%
Bonusmaterial: 70%
Film: 70%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Justin Lin
Darsteller: Vin Diesel, Paul Walker, Dwayne Johnson, Michelle Rodriguez, Ludacris, Luke Evans
Tonformate BD: dts HD-Master 5.1: en // dts: de
Tonformate UHD: dts:X (dts-HD-Master-Kern): de, en // dts 5.1: de, en (ext. Cut)
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 130/131
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Nein (2K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 1000 Nit
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: )